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Religion und Fortschritt
Der wahre Islam steht für Frieden,
Fortschritt und Toleranz

Was ist Scheria?

  • Glaube, Gebet, Gebote, Kult

Wir haben den Sinn und das Ziel der Scheria nicht begriffen.", sagt Bediuzzaman, oder „Der Schlüssel zur Scheria ist bei mir."
Scheria ist nicht Theokratie, Scheria ist der Weg, der zu Gott führt.

»Unser Einsatz für die Beseitigung von Armut, dem Aneignen der Wissenschaft und für ein solidarisches Zusammenleben ist größter Dschihad.
Darin eingeschlossen ist das Beherzigen des ethisch-moralischen Weges Muhammeds a.s.s., der Scheria, welche zu neunundneunzig Teilen von hundert Teilen dich angeht. Ein Teil betrifft und obliegt den Regierenden.
Und all unser Streben stellt ein Beitrag zur Erkenntnis der Erhabenheit Gottes dar.«
Said Nursi
zu Şeriat-Cihad-İla’yı Kelimetullah

Es wird vielfach argumentiert, Theokraten wie Demokraten, Laizisten, Sozialisten, Royalisten - alle würden entsprechende Stellen im Koran finden, um sich zu begründen.

Dabei übersieht man, dass es nicht darauf ankommt. Der Koran gibt keine Herrschaftsdoktrin vor, aber die Forderung nach Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Freiheit für die Menschen. Die Mutter aller Dinge ist Gerechtigkeit. Durch sie entsteht Gleichheit und Freiheit.

Heute ist dies am ehesten im Pluralismus des Mehrparteiensystems, der demokratischen Mitbestimmung verwirklicht. Darum hat Said Nursi ein Leben lang für Rechtsstaatlichkeit, Mitbestimmung, gegenseitiges Einvernehmen und Demokratie geworben und das im Namen der Scheria.

Über die Probleme, warum die westliche Zivilisation keinen Eingang in die islamische Welt findet, antwortet Said Nursi(1920):12

»Die geistigen Säulen der Zivilisation im Westen sind nicht die christlichen Ideale, sondern entstammen der römischen und griechischen Philosophie. Nicht mal im Westen haben diese sich miteinander verschmelzen können – wie sollten sie dann in der islamischen Welt aufgehen.«

Eine wahre islamische Zivilisation ist für Said Nursi auf fünf positiven Prinzipien aufgebaut. Er macht folgenden Vergleich13:

1. Das erste Prinzip ist das sich auf Macht stützen. Vom Individuum bis zum Kollektiv, zum Staatsgebilde stützt man sich auf Macht und man ist bestrebt mehr Macht zu erlangen. Das Recht des Stärkeren gilt. D.h. Macht verleitet, eigennützige Ziele durchzusetzen. Dieses Prinzip bringt Missbrauch hervor.

Hiergegen stützt sich wahre Zivilisation nach Islam auf Recht. Das lässt Gerechtigkeit und Gleichheit entstehen.

2. Das zweite Prinzip ist beständig den eigenen Vorteil zum Ziel haben. Dies ruft Last und Bürde bei anderen hervor. Egoistisches Vorteilsdenken und das ständige Bedacht-Sein auf den eigenen Vorteil erschwert das Leben des Nächsten.

Im Islam ist das Ziel statt der Vorteilssuche, die Tugend, das Streben nach Aufrichtigkeit, Güte, Gerechtigkeit. Das lässt Liebe und Mitmenschlichkeit entstehen.

3. Das nächste Prinzip ist, das Leben als Kampf zu betrachten. Das ruft Konkurrenzdenken, Rivalität und Feindseligkeiten hervor.

Nach Islam soll demgegenüber das Prinzip im Leben die gegenseitige Hilfe sein. Dieses lässt Solidarität und Zusammenhalt entstehen.

4. Zum vierten Prinzip: Das Verbindende unter den Menschen ist der andere diskriminierende Nationalismus und Rassismus. Das ruft fürchterliche und schreckliche Auseinandersetzungen hervor.

Das Verbindende ist im Islam statt Nation und Rasse die religiösen, heimatlichen und sozialen Bande. Das lässt Geschwisterlichkeit und Frieden entstehen und birgt keine Aggression nach außen.

5. Als fünftes Prinzip gilt es die Wünsche und Gelüste zu befriedigen und die Erreichung desselben. Das ruft die Reduzierung des Menschen vom Stand der Engel auf den Stand eines Tieres hervor.

Im Islam gilt statt der Jagd nach der Befriedigung der Gelüste und Triebe – Hüda, d.h. Leben nach dem Koran, bzw. Leben nach dem rechten Weg. Das lässt Humanität und geistige Vervollkommnung entstehen. Willkür, Gelüste und Wünsche werden eingeschränkt. Anstatt Befriedigung der egoistischen Begierden – Befriedigung der erhabenen seelischen Sinnlichkeit.

Bloße materialistische Denkweise beschränkt und entmenschlicht. Der Mensch erwächst aus sich heraus zur Vervollkommnung nur durch den Glauben an einen Schöpfer.

 

Weiter führt das Risale-i Nur zu dem Resümee:

Die Erkenntnis Gottes führt zu Ehrfurcht vor Gott, vor seinen Taten, seinem Wirken, seiner Schöpfung.

Sie führt zu einer Haltung der Dankbarkeit und Liebe dem All Barmherzigen, Erhalter und Versorger gegenüber.

Ein Mensch, der aus seiner Gedankenlosigkeit aufwacht und in Erkenntnis des Schöpfers in allem was da ist, die Kunstwerke Gottes erblickt -

in Erkenntnis, dass die Schöpfung nicht um ihrer selbst Willen da ist, sondern auf ihre Weise Gott verkündet, lobt und lobpreist -

ein Mensch in dieser Geisteshaltung - kann solch ein Mensch es fertig bringen, eine Blume mir nichts dir nichts zu zertreten?

Er wird versuchen, die größte Sorgfalt im Umgang mit der Natur und Schöpfung walten zu lassen und sie nur in dem von Gott gesteckten Rahmen zu nutzen.

Er wird nicht der Achtlosigkeit gegenüber der Schöpfung verfallen und sie für gering erachten.

In Ehrfurcht und Anerkennung Gottes wird er im Dasein der Schöpfung ihren wahren Wert erkennen, so wie ein Kunstkenner den hohen Wert eines Rembrands oder Pikassos von dem bloßen Materialwert von Leinwand und Farbe trennt.

Er wird sich seiner Stellung als Khalif, als Verantwortungsträger für die ihm anvertraute Schöpfung, als würdig erweisen.

Die Erde und Welt ist für ihn ein Ort der Ehrfurcht und Anerkennung, ein Ort des Dienens, der Danksagung und des Gebets.

Der Mensch muss in allen Dingen im Mittelpunkt stehen.

Er trägt zur Zerstörung oder zum Aufbau bei.

Nur wenn wir die Menschen nicht vernachlässigen, gelingt uns auch der Schutz und die Bewahrung der Schöpfung.

 

Ohne Gott kein Glaube    
Ohne Glaube keine Religion    
Und ohne Religion bleibt das Geheimnis des    
  Universums verborgen.    
 

Um den heutigen und den kommenden Problemen Herr zu werden und um unter den Menschen Frieden und Gerechtigkeit herbeizuführen, sind moralische Grundsätze unentbehrlich.

Die Individuen bedürfen einer vergleichenden Instanz in ihrem Innern. Je edler diese Instanz, desto ausgewogener ist die Beurteilung und das Verhalten in der jeweiligen Situation.

Jedes Gesetz kann noch so umfassend und gut sein, wenn das Individuum nicht innerlich motiviert ist, ist die Aussicht eines Erfolges oder einer Verbesserung der Lage durch das Gesetz sehr eingeschränkt.

Unser Denken und Empfinden ist Gegenstand vieler Spekulationen. Die Reduktion von psychischen Prozessen auf eine einfache materielle Ebene bioelektrischer und chemischer Prozesse der Gehirnaktivität ist für des Menschen Wesensart mehr als unbefriedigend.

Der Mensch braucht für seine innere Ruhe und Harmonie nicht nur meditative Entspannung, sondern für seine unendlichen Wünsche und Begehren Ideale und Ziele, die der Natur seiner Seele entsprechen.

 

Da bei Said Nursi Glaube und Gebet im Vordergrund stehen, belebte er die Gebete Muhammeds a.s.s. der Anrufung Gottes mit Seinen Namen, bekannt als „Cevşen – Die gesammelten Gebete Muhammeds a.s.s." unter den Muslimen.

Die vollkommenen Gebete Muhammeds zeigen die Dimension der Gottesehrung, da Glaube erst durch das Gebet eine dynamische Form annimmt. Das Gebet spricht Verstand, Herz und Emotion an, das heißt, die Stärkung des Glaubens der Menschen an einen Gott baut gesellschaftlich sozialen Frieden und Gerechtigkeit auf, was sich in Gleichheit und Freiheit niederschlägt.

Die Entfremdung der Menschen in der Zivilisation als Folge materialistischer Wissenschaft und der auf Ausbeutung ausgerichteten Wirtschaft ist eine unheilvolle Entwicklung, die die Menschheit ins Unglück stürzt.

Nur durch Synthese von Religion und Naturwissenschaft unter Anleitung des Verstandes kann die Entwicklung ins Positive gewendet werden.

„Religion ohne Wissenschaft ist Aberglaube.
Wissenschaft ohne Religion befindet sich auf einem Irrweg." (Said Nursi)

Naturwissenschaftliche Erkenntnisse, religiöse Weisheiten ergänzen sich. Sie können sich niemals ersetzen.

Es ist eine enorme Bereicherung, wenn der Mensch seine und ihn umgebende Spiritualität akzeptiert und daraus Konsequenzen zieht.

Es liegt an uns, hinter der Ursache und Wirkung der Dinge den wahren Urheber zu erkennen, aus uns hinauszuwachsen oder uns zu reduzieren auf das Ergebnis von Ursache und Wirkung.

Jeder Mensch hat die einmalige Chance in seiner so kurzen Lebensspanne eine Ewigkeit zu verdienen. Diese Gelegenheit soll er unbedingt nutzen. Sich für die Ewigkeit einzusetzen führt über den Weg des Bewusst-Werdens der eigenen Vergänglichkeit und Unzulänglichkeit.

 

Einer, der in allen Dingen universal, über enge Sichtfelder, über Konfessions- und Religionsgrenzen und Politik hinweg gedacht hat, sich den letzten Fragen und Existenzgründen des Lebens widmet und aus dem Bewusstsein der eigenen Endlichkeit diskutiert, die elementaren islamisch religiösen Aspekte entpolitisierend darstellt – ist notwendig.

Said Nursi – ein Gelehrter für unsere Zeit.

Ein Initiator einer Koran'schen Aufklärungsbewegung, die ihresgleichen sucht.

Fußnoten: 

12 Sünuhat, Risale-i Nur Külliyatı 1, Seite 2049, (1996) zurück
13 Sünuhat, s.o.  zurück

 
 

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